Auswirkungen Künstlicher Intelligenz auf unabhängige Musikunternehmer*innen
Wir gehen davon aus, dass die sogenannte generative Künstliche Intelligenz (KI) in Kürze in der Lage sein wird, künstlerische Ergebnisse von Komponist*innen, Interpret*innen und Produzent*innen in weiten Teilen zu ersetzen. Generative KI ist dann weit mehr als ein künstlerisches "Werkzeug". Ihre Entwicklung vollzieht sich in rasendem Tempo, sodass generative KI-Systeme erst im letzten Moment explizit Gegenstand politischer Regulierungsbemühungen in der Europäischen Union geworden sind. Derzeit wird zwischen den EU-Gremien über den Entwurf einer KI-Verordnung (AI-Act) verhandelt.
Insbesondere mit Blick auf die Folgen digitalpolitischer Errungenschaften und Versäumnisse der letzten Jahrzehnte sind wir der Meinung, dass die ausstehende Regulierung von KI gar nicht schnell, vorausschauend, robust und weitreichend genug sein kann. Andere oder gar ausbleibende Weichenstellungen hätten verheerende Auswirkungen. Sämtliche Reglungen müssen kohärent, gemeinwohlorientiert, wettbewerbs- und anpassungsfähig und vor allem durchsetzbar sein. Es gilt aus den Fehlern bisheriger digitalpolitischer Regulierungsversuche zu lernen. Keinesfalls dürfen etwa mit "Safe Harbor"-Bestimmungen falsche wirtschaftliche Anreize gesetzt werden.
► Ergänzendes Forderungspapier vom 8. September 2023
Ende 2023 konnten sich EU-Rat, Parlament und Kommission in den Trilog-Verhandlungen auf erste wichtige Grundsätze hinsichtlich der Regulierung von Künstlicher Intelligenz einigen. Dr. Birte Wiemann, Vorstandsvorsitzende des VUT, kommentierte den AI Act wie folgt: "Mit der politischen Einigung zum AI Act in den Trilog-Verhandlungen wurde ein erster Schritt in Richtung KI-Regulierung getan. Ein gutes, wenn auch sehr kurzgreifendes Signal ist die Betonung des geltenden europäischen Urheberrechts sowie die Festschreibung von Transparenzregelungen. Detaillierte Nachweise über verwendete Trainingsdaten sind eine Grundlage für die Nutzungsvergütung urheberrechtlich geschützter Materialien zu diesem Zweck.
Vollständig wird der AI Act erst in zwei Jahren in Kraft treten, bis dahin herrscht der altbekannte zahnlose Tiger namens 'freiwillige Selbstverpflichtung'. Aus den digitalpolitischen Regelungsversuchen der letzten Jahrzehnte wissen wir: Eine Regelung ist nur so gut wie ihre faktische Durchsetzbarkeit und Durchsetzung. Deshalb müssen Konkretisierungen auf technischer Ebene folgen und das neue Amt für Künstliche Intelligenz braucht scharfe Zähne."
Im Januar 2024 wendete sich eine breite Allianz der Kultur-, Kreativ- und Medienwirtschaft Deutschlands inklusive dem VUT in einem offenen Brief an die Bundesregierung: Darin baten wir die politisch Verantwortlichen, deutlich "ja" zum errungenen Kompromiss über die europäische KI-Verordnung zu sagen.
Gemeinsam mit über 20.000 Unterzeichnenden tragen wir außerdem das "Statement on AI training" mit.
Weiterführende Informationen:
- Panel im Rahmen des Reeperbahn Festivals: "Auswirkungen Künstlicher Intelligenz auf unabhängige Musikunternehmer*innen" mit Marco-Alexander Breit (Leiter Unterabteilung VI B Künstliche Intelligenz, Daten und Digitale Technologie im Bundeswirtschaftsministerium) und Reinher Karl (VUT-Justiziar) am 22. September 2023 im VUT Indie House
- Stellungnahme von Impala und weiteren europäischen Verbänden "European creators and right holders call for meaningful transparency obligations on AI systems to ensure the lawful use of copyright-protected content" vom 19. Juli 2023
- Stellungnahme der Initiative Urheberrecht "Urheber*innen und Künstler*innen fordern Maßnahmen zum Schutz vor generativer KI in der Europäischen KI-Verordnung" vom 19. April 2023
- Aufzeichnung der digitalen Podiumsdiskussion "AI Unplugged: Von Fiktion zur Realität in Film, Musik & Presse" der Kanzlei SKW Schwarz mit u.a. Dr. Birte Wiemann vom 28. September 2023