Positionen für die Legislaturperiode 2025-2029
Im kommenden Jahr ist es wieder so weit: Voraussichtlich am 23. Februar 2025 werden zum 21. Mal die Abgeordneten des Deutschen Bundestages gewählt. Für den Verband unabhängiger Musikunternehmer*innen sind in der dann anstehenden Legislaturperiode 2025 bis 2029 die folgenden Themen besonders relevant:
Grundsätzlich
Bei der Umsetzung von Verordnungen und vor allem von Richtlinien der Europäischen Union bedarf es einer größeren Einheitlichkeit, um eine europaweite Harmonisierung zu gewährleisten und Wettbewerbsnachteile für deutsche Unternehmer*innen zu verringern. Die Ausgestaltung deutscher „Sonderwege“ schafft zusätzliche Hürden und sollte daher vermieden werden. Das betrifft beispielsweise Regelungen zum Steuerabzug, der DSM-Richtlinie zum Urheberrecht und der KI-Regulierung.
Neu zu schaffende Regelungen sollten vor allem wirksam durchsetzbar sein. Es gilt, Bürokratie-schaffende „Papiertiger“ zu vermeiden, die vor allem Mehraufwände bei kleinen und mittleren Unternehmer*innen schaffen, während große Unternehmen nicht wirksam an diese Regelungen gebunden werden. Deutschland sollte sich dafür einsetzen, dass dieser Grundsatz auch auf europäischer Ebene gilt. Dies betrifft insbesondere Regulierungsversuche im Digitalbereich.
Die Teilbereiche der Musikwirtschaft sind in komplexen Wertschöpfungsstrukturen eng miteinander verzahnt. Diese müssen durch Einbeziehung praktischer Kompetenz der Branchenakteur*innen sowie ihrer Verbände ausreichend berücksichtigt werden, um Kollateralschäden für die Branche zu umgehen.
Sichtbarkeit der Kreativwirtschaft
Die deutsche Kultur- und Kreativwirtschaft ist nach der Automobilindustrie und dem Maschinenbau der drittgrößte Wirtschaftszweig Deutschlands. Sie steht für Kreativität, Innovation, Produktivität und Wirtschaftswachstum und ist dabei Impulsgeberin und Gestalterin für viele andere Wirtschaftszweige. Die Bundesregierung sollte sich daher für eine größere gesamtgesellschaftliche Sichtbarkeit und Wertschätzung der Branche einsetzen.
Ein wichtiger Schritt war die Benennung eines Ansprechpartners für die Kultur- und Kreativwirtschaft bei der Bundesregierung. Nun gilt es, diese Rolle innerhalb der Regierung zu verstetigen und im interministeriellen Austausch stärker wahrnehmbar zu verankern.
Urheberrecht
International und auch im digitalen Wirtschaften durchsetzbare Rechte sind das Rückgrat der Kreativwirtschaft – für Kreative sowie Verwertende. Nur mit durchsetzbaren Urheber- sowie Leistungsschutz- und gewerblichen Schutzrechten können kreative Inhalte, Dienstleitungen und Produkte monetarisiert und gegen Ausnutzung durch Dritte geschützt sowie neue Geschäftsmodelle etabliert werden.
Rechteinhaber*innen müssen in der Lage sein, ihre Rechte mit angemessenem Ressourceneinsatz wirksam durchsetzen zu können. Die gesetzlichen Grundlagen dafür dürfen auch bei Entwicklung neuer technischer Möglichkeiten nicht ausgehöhlt werden, wenn weiterhin eine große kulturelle Vielfalt auf privatwirtschaftlicher Basis erhalten bleiben soll.
Deutschland sollte innerhalb der europäischen Union für eine stärkere Harmonisierung der rechtlichen Grundlagen eintreten. Die schließt den Rückzug von deutschen Sonderwegen in der Auslegung europäischer Richtlinien ein.
Künstliche Intelligenz
Die Werke von Rechteinhaber*innen sind der Werkstoff, auf dem die Systeme insbesondere generativer KI aufbauen, gleichzeitig werden immer neue Werke als Datenmaterial für das Training benötigt. Die Interessen und bestehenden Rechte der Rechteinhaber*innen sowie die wirksame Durchsetzung dieser Rechte sind damit zentraler Bestandteil digitalpolitischer Abwägungen.
In den nationalen Umsetzungen der KI-bezogenen Regulierungen (insbesondere des AI Acts) gilt es, eine innereuropäische Harmonisierung der Vorschriften zu schaffen, die insbesondere die beschlossenen Transparenzvorschriften wirksam und zum Schutz der Rechteinhaber*innen praxistauglich umsetzt.
Auch im Rahmen technischer Entwicklungen müssen Rechteinhaber*innen die Möglichkeit haben, über die Verwendung ihrer Rechte selbst entscheiden und diese Entscheidungen auch international wirksam durchsetzen zu können – das schließt die Lizenzierung von Werknutzungen ausdrücklich ein.
Für KI-Inhalte sollte ein sinnvoller, rechtssicherer Rahmen innerhalb der Rechtefamilie des geistigen Eigentums geschaffen werden. Somit können Schutzlücken geschlossen, Rechtsunsicherheit reduziert, Nutzungsrechte sinnvoll zugeordnet und der kreativen Verwendung von KI ein Anreiz gegeben werden.
Streaming
Die Verwertungsströme innerhalb der Musikbranche sind komplex. Jede gesetzliche Regulierung kann nur sehr behutsam erfolgen und setzt einen fachkundigen Blick auf die Branche sowie die Anhörung aller Branchenakteuer*innen voraus. Nur so können ungewollte Kollateralschäden vor allem bei den kleinen und mittelständischen Unternehmer*innen vermieden werden, die mit einem Marktanteil von 35% rund 80% aller Neuveröffentlichungen auf den Markt bringen und damit wesentlich für die kulturelle Vielfalt sorgen.
Wo immer möglich, sollten brancheninterne Lösungen priorisiert und unterstützt werden. Ein Beispiel hierfür bilden die Verhandlungen über angemessene Vergütungen im Musikstreaming zwischen Pro Musik und dem VUT.
Die nutzungsbasierte Vergütung ist der Goldstandard für alle Zahlungsströme im Streaming.
Steuerabzug
Mit der Umsetzung des Abzugsteuerentlastungsmodernisierungsgesetzes (AbzStEntModG) einschließlich der Einführung digitaler Verfahren beschreitet Deutschland beim Steuerabzug nach §50a EStG für ausländische Steuerpflichtige einen Sonderweg innerhalb der Europäischen Union, der sich zu einem erheblichen Wettbewerbsnachteil für deutsche Unternehmen entwickelt hat.
Hier gilt es, die deutschen Besonderheiten in den bürokratischen Formalitäten auf ihre Sinnhaftigkeit zu überprüfen und eine stärkere Vereinheitlichung innerhalb der Europäischen Union anzustreben.
Eine dauerhafte Erleichterung für die Unternehmen sowie die durchführende Behörde kann durch eine deutlich abgesenkte Zahl der zustellenden Anträge sowie einen deutlich geringeren Bearbeitungsaufwand bzw. Bearbeitungszeiten der Anträge erreicht werden. Dafür bedarf es deutlich entbürokratisierter Verfahren.
Kulturpass
Der Kulturpass hat das Ziel, junge Menschen unabhängig von ihrem finanziellen Umfeld einen – ggf. erstmaligen – Zugang zu Kultur zu ermöglichen und er stärkt zugleich die deutsche Kreativwirtschaft. Unter großem Einsatz der Branche ist es gelungen, eine tragfähige Umsetzung voranzubringen. Um die erhofften Effekte auch nachhaltig spürbar zu machen, ist eine Verstetigung des Projektes unabdingbar.
Der Kulturpass sollte fortgesetzt und sowohl für die teilnehmenden jungen Erwachsenen sowie die Kulturanbietenden unkompliziert und praktikabel gehalten werden.
Perspektivisch ist es zielführend, auch den jungen Erwachsenen der kommenden Jahre wieder die anfängliche Kultursumme von 200 Euro zur Verfügung zu stellen.
Künstlersozialkasse
Die Künstlersozialkasse ist eine sozialpolitische Errungenschaft, die auf eine nachhaltig tragfähige Basis gestellt werden muss. Dazu zählt die Stabilisierung des Abgabesatzes auf 5%, um eine weitere Verunsicherung bei den Abgabepflichtigen zu vermeiden, sowie die Wiederanhebung des Bundeszuschusses auf 25%.
Förderung
Das Mentoringprogramm MEWEM für den weiblichen, trans und non-binären Nachwuchs der Musikbranche ist eines der ersten seiner Art und seit mittlerweile knapp zehn Jahren erfolgreich darin, mehr FLINTA-Personen in die Entscheider*innenpositionen der Musikbranche zu bringen. Das Programm sollte daher weiterhin unterstützt werden.
Die Mittel für die Künstler*innenförderung der Initiative Musik sollten verstetigt werden.
Habt ihr noch weitere Themen für die deutsche Bundespolitik der nächsten Jahre? Dann schreibt gern eine E-Mail an Sandra Wirth (Referentin für politische Kommunikation).