Positionen für die Legislaturperiode 2025-2029

Im kommenden Jahr ist es wieder so weit: Voraussichtlich am 28. September 2025 werden zum 21. Mal die Abgeordneten des Deutschen Bundestages gewählt. Für den Verband unabhängiger Musikunternehmer*innen sind in der dann anstehenden Legislaturperiode 2025 bis 2029 die folgenden Themen besonders relevant:

 

Grundsätzlich

Bei der Umsetzung von Verordnungen und vor allem von Richtlinien der Europäischen Union bedarf es einer größeren Einheitlichkeit, um eine europaweite Harmonisierung zu gewährleisten und Wettbewerbsnachteile für deutsche Unternehmer*innen zu verringern. Die Ausgestaltung deutscher „Sonderwege“ schafft zusätzliche Hürden und sollte daher vermieden werden. Das betrifft beispielsweise Regelungen zum Steuerabzug, der DSM-Richtlinie zum Urheberrecht und der KI-Regulierung.

Neu zu schaffende Regelungen sollten vor allem wirksam durchsetzbar sein. Es gilt, Bürokratie-schaffende „Papiertiger“ zu vermeiden, die vor allem Mehraufwände bei kleinen und mittleren Unternehmer*innen schaffen, während große Unternehmen nicht wirksam an diese Regelungen gebunden werden. Deutschland sollte sich dafür einsetzen, dass dieser Grundsatz auch auf europäischer Ebene gilt. Dies betrifft insbesondere Regulierungsversuche im Digitalbereich.

Die Teilbereiche der Musikwirtschaft sind in komplexen Wertschöpfungsstrukturen eng miteinander verzahnt. Diese müssen durch Einbeziehung praktischer Kompetenz der Branchenakteur*innen sowie ihrer Verbände ausreichend berücksichtigt werden, um Kollateralschäden für die Branche zu umgehen.

 

Sichtbarkeit der Kreativwirtschaft

Die deutsche Kultur- und Kreativwirtschaft ist nach der Automobilindustrie und dem Maschinenbau der drittgrößte Wirtschaftszweig Deutschlands. Sie steht für Kreativität, Innovation, Produktivität und Wirtschaftswachstum und ist dabei Impulsgeberin und Gestalterin für viele andere Wirtschaftszweige. Die Bundesregierung sollte sich daher für eine größere gesamtgesellschaftliche Sichtbarkeit und Wertschätzung der Branche einsetzen.

Ein wichtiger Schritt war die Benennung eines Ansprechpartners für die Kultur- und Kreativwirtschaft bei der Bundesregierung. Nun gilt es, diese Rolle innerhalb der Regierung zu verstetigen und im interministeriellen Austausch stärker wahrnehmbar zu verankern.

 

Urheberrecht

International und auch im digitalen Wirtschaften durchsetzbare Rechte sind das Rückgrat der Kreativwirtschaft – für Kreative sowie Verwertende. Nur mit durchsetzbaren Urheber- sowie Leistungsschutz- und gewerblichen Schutzrechten können kreative Inhalte, Dienstleitungen und Produkte monetarisiert und gegen Ausnutzung durch Dritte geschützt sowie neue Geschäftsmodelle etabliert werden.

Rechteinhaber*innen müssen in der Lage sein, ihre Rechte mit angemessenem Ressourceneinsatz wirksam durchsetzen zu können. Die gesetzlichen Grundlagen dafür dürfen auch bei Entwicklung neuer technischer Möglichkeiten nicht ausgehöhlt werden, wenn weiterhin eine große kulturelle Vielfalt auf privatwirtschaftlicher Basis erhalten bleiben soll.

Deutschland sollte innerhalb der europäischen Union für eine stärkere Harmonisierung der rechtlichen Grundlagen eintreten. Die schließt den Rückzug von deutschen Sonderwegen in der Auslegung europäischer Richtlinien ein.

 

Künstliche Intelligenz

Die Werke von Rechteinhaber*innen sind der Werkstoff, auf dem die Systeme insbesondere generativer KI aufbauen, gleichzeitig werden immer neue Werke als Datenmaterial für das Training benötigt. Die Interessen und bestehenden Rechte der Rechteinhaber*innen sowie die wirksame Durchsetzung dieser Rechte sind damit zentraler Bestandteil digitalpolitischer Abwägungen.

In den nationalen Umsetzungen der KI-bezogenen Regulierungen (insbesondere des AI Acts) gilt es, eine innereuropäische Harmonisierung der Vorschriften zu schaffen, die insbesondere die beschlossenen Transparenzvorschriften wirksam und zum Schutz der Rechteinhaber*innen praxistauglich umsetzt.

Auch im Rahmen technischer Entwicklungen müssen Rechteinhaber*innen die Möglichkeit haben, über die Verwendung ihrer Rechte selbst entscheiden und diese Entscheidungen auch international wirksam durchsetzen zu können – das schließt die Lizenzierung von Werknutzungen ausdrücklich ein.

Für KI-Inhalte sollte ein sinnvoller, rechtssicherer Rahmen innerhalb der Rechtefamilie des geistigen Eigentums geschaffen werden. Somit können Schutzlücken geschlossen, Rechtsunsicherheit reduziert, Nutzungsrechte sinnvoll zugeordnet und der kreativen Verwendung von KI ein Anreiz gegeben werden.

 

Streaming

Die Verwertungsströme innerhalb der Musikbranche sind komplex. Jede gesetzliche Regulierung kann nur sehr behutsam erfolgen und setzt einen fachkundigen Blick auf die Branche sowie die Anhörung aller Branchenakteuer*innen voraus. Nur so können ungewollte Kollateralschäden vor allem bei den kleinen und mittelständischen Unternehmer*innen vermieden werden, die mit einem Marktanteil von 35% rund 80% aller Neuveröffentlichungen auf den Markt bringen und damit wesentlich für die kulturelle Vielfalt sorgen.

Wo immer möglich, sollten brancheninterne Lösungen priorisiert und unterstützt werden. Ein Beispiel hierfür bilden die Verhandlungen über angemessene Vergütungen im Musikstreaming zwischen Pro Musik und dem VUT.

Die nutzungsbasierte Vergütung ist der Goldstandard für alle Zahlungsströme im Streaming.

 

Steuerabzug

Mit der Umsetzung des Abzugsteuerentlastungsmodernisierungsgesetzes (AbzStEntModG) einschließlich der Einführung digitaler Verfahren beschreitet Deutschland beim Steuerabzug nach §50a EStG für ausländische Steuerpflichtige einen Sonderweg innerhalb der Europäischen Union, der sich zu einem erheblichen Wettbewerbsnachteil für deutsche Unternehmen entwickelt hat.

Hier gilt es, die deutschen Besonderheiten in den bürokratischen Formalitäten auf ihre Sinnhaftigkeit zu überprüfen und eine stärkere Vereinheitlichung innerhalb der Europäischen Union anzustreben.

Eine dauerhafte Erleichterung für die Unternehmen sowie die durchführende Behörde kann durch eine deutlich abgesenkte Zahl der zustellenden Anträge sowie einen deutlich geringeren Bearbeitungsaufwand bzw. Bearbeitungszeiten der Anträge erreicht werden. Dafür bedarf es deutlich entbürokratisierter Verfahren.

 

Kulturpass

Der Kulturpass hat das Ziel, junge Menschen unabhängig von ihrem finanziellen Umfeld einen – ggf. erstmaligen – Zugang zu Kultur zu ermöglichen und er stärkt zugleich die deutsche Kreativwirtschaft. Unter großem Einsatz der Branche ist es gelungen, eine tragfähige Umsetzung voranzubringen. Um die erhofften Effekte auch nachhaltig spürbar zu machen, ist eine Verstetigung des Projektes unabdingbar.

Der Kulturpass sollte fortgesetzt und sowohl für die teilnehmenden jungen Erwachsenen sowie die Kulturanbietenden unkompliziert und praktikabel gehalten werden.

Perspektivisch ist es zielführend, auch den jungen Erwachsenen der kommenden Jahre wieder die anfängliche Kultursumme von 200 Euro zur Verfügung zu stellen.

 

Künstlersozialkasse

Die Künstlersozialkasse ist eine sozialpolitische Errungenschaft, die auf eine nachhaltig tragfähige Basis gestellt werden muss. Dazu zählt die Stabilisierung des Abgabesatzes auf 5%, um eine weitere Verunsicherung bei den Abgabepflichtigen zu vermeiden, sowie die Wiederanhebung des Bundeszuschusses auf 25%.

 

Förderung

Das Mentoringprogramm MEWEM für den weiblichen, trans und non-binären Nachwuchs der Musikbranche ist eines der ersten seiner Art und seit mittlerweile knapp zehn Jahren erfolgreich darin, mehr FLINTA-Personen in die Entscheider*innenpositionen der Musikbranche zu bringen. Das Programm sollte daher weiterhin unterstützt werden.

Die Mittel für die Künstler*innenförderung der Initiative Musik sollten verstetigt werden.

 

Habt ihr noch weitere Themen für die deutsche Bundespolitik der nächsten Jahre? Dann schreibt gern eine E-Mail an Sandra Wirth (Referentin für politische Kommunikation).

Demokratie wählen. JETZT!

AI Act, DSM-Richtlinie zum Urheberrecht, Late Payment Act, Digital Services und Digital Markets Act – Europäische Politik gestaltet wesentlich und im zunehmenden Maß die Rahmenbedingungen für unabhängige Musikunternehmer*innen. Die Zusammensetzung des Europäischen Parlaments ist damit ein entscheidender Faktor für die Wirtschafts- und Digitalpolitik der kommenden Jahre. Für die Belange kleiner und mittelständischer Unternehmen, für die Kreativwirtschaft sowie für die Kulturpolitik der Europäischen Union ist die anstehende Wahl richtungsweisend. Wird das kommende Parlament stark genug sein, jene Weichen zu stellen, um multinationale Konzerne stärker in ihre gesellschaftliche Verantwortung zu nehmen und gleichzeitig faire Marktchancen für die klein- und mittelständisch organisierte Kultur- und Kreativwirtschaft voranzubringen?

Die wichtigste Herausforderung ist, Europas bunte Kulturvielfalt zu erhalten, ohne in nationale Eintönigkeit zurückzufallen. Vor dem Hintergrund zunehmender Angriffe auf Menschen sowie auf unsere demokratischen Grundwerte wie die Menschenwürde, Freiheit und Toleranz geht von der Europawahl sowie den anstehenden Landtagswahlen ein Signal aus. Der VUT unterstützt deshalb die Aktionen "Demokratie wählen. JETZT" und "STIMMT für Vielfalt, Demokratie und Toleranz". Denn für uns ist klar: Wir treten rassistischen, sexistischen, fremdenfeindlichen und anderen diskriminierenden und Menschen verachtenden Verhaltensweisen entschieden entgegen.

Am Sonntag, den 9. Juni 2024 wählen wir zum inzwischen zehnten Mal die Mitglieder des Europäischen Parlaments auf fünf Jahre. Die letzten Monate und aktuelle Umfragen deuten an, dass sich das Ergebnis in Deutschland deutlich vom Ausgang der Wahl 2019 unterscheiden könnte: Einerseits sind in den vergangenen Jahren neue Parteien hinzugekommen, etwa das Bündnis Sahra Wagenknecht (BSW). Es treten insgesamt 35 Parteien und sonstige politische Vereinigungen an und es bewerben sich 1.413 Kandidat*innen – darunter 486 Frauen. Andererseits wurde erstmals das Wahlalter von 18 auf 16 Jahre abgesenkt.

Das neu zu wählende Europäische Parlament wird 720 Abgeordnete umfassen. Deutschland stellt mit 96 zugewiesenen Parlamentssitzen verhältnismäßig die meisten Abgeordneten, danach folgen Frankreich mit 81 und Italien mit 76 Sitzen. Den kleinsten Ländern Zypern, Luxemburg und Malta stellen jeweils 6 Sitze zu.

Derzeit steht auch ein Wahl-O-Mat der Bundeszentrale für politische Bildung zur Verfügung. Für unabhängige Musikunternehmer*innen sind insbesondere die Positionen der acht umfragestärksten Parteien auf die Frage 28 zum Urheberschutz interessant: "Urheberrechtlich geschützte Werke (z.B. Fotos, Musik, Literatur) sollen in der EU für nicht-kommerzielle Zwecke kostenlos verwendet werden dürfen."

Die Kurzbegründungen der Einschätzungen finden sich im Wahl-O-Mat.

 

Die Volltexte ausgewählter Wahlprogramme zum Nachlesen findet ihr hier:

 

Weitere Informationen:

Digital Services Act (DSA) und Digital Markets Act (DMA) treten in Kraft – Was unabhängige Musikunternehmer*innen wissen und beachten müssen

Seit dem 17. Februar 2024, gilt der Digital Services Act (DSA) in der Europäischen Union. Mit dieser Verordnung findet eine…

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Auswirkungen der EU-Verordnung "Late Payment Act" auf unabhängige Musikunternehmer*innen

Die Europäische Union hat eine neue "Verordnung des Europäischen Parlaments und des Rates zur Bekämpfung von Zahlungsverzug im Geschäftsverkehr" 2023/0323…

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AI Act – Offener Brief der Kultur-, Kreativ- und Medienwirtschaft der Bundesrepublik Deutschland an die Bundesregierung

Sehr geehrter Herr Bundeskanzler Olaf Scholz,
sehr geehrter Herr Bundesminister Marco Buschmann,
sehr geehrter Herr Bundesminister Robert Habeck,
sehr geehrter Herr Bundesminister Volker Wissing,
sehr geehrte Kulturstaatsministerin Claudia Roth,

wir, die über 140.000 Urheber:innen, ausübenden Künstler:innen und Kulturschaffenden der 44 Verbände der Initiative Urheberrecht, gemeinsam mit zahlreichen Verbänden der Presse-, Verlags-, Film- und Musikwirtschaft sowie den unterzeichnenden Verwertungsgesellschaften, bitten Sie, dass die Bundesregierung am 2. Februar 2024 im Zuge des Treffens des Ausschusses der Ständigen Vertreter der Mitgliedstaaten (COREPER) dem vorliegenden Entwurf der KI-Grundverordnung (EU) im Sinne einer nachhaltigen, wirtschaftlich tragfähigen und demokratischen Zukunft und ohne weitere Beschränkungen zulasten der Künstler:innen sowie Kultur- und Medienschaffenden zustimmt.

Die im Verordnungsentwurf aufgesetzten Grundregeln zur Regulierung des Betriebs von Systemen Generativer KI sind für die wirtschaftliche Zukunft aller Kultur-, Medien- und Kreativ-Branchen und ihrer über 1,2 Millionen steuerzahlenden Beschäftigten, Selbständigen, sowie hunderttausender Klein- und mittelständischer Unternehmen entscheidend*. Es war ein schwieriger Prozess, doch der Kompromiss des Entwurfes geht in die richtige Richtung. Für IT-Unternehmen stellt er mit Sicherheit keine Überregulierung dar. Für Urheber:innen, Künstler:innen, Kultur- und Medienschaffende bietet der Kompromiss das absolute Mindestmaß an Schutz.

Alle, die in Kultur und Medien schöpferisch und verwertend tätig sind, sind angewiesen auf Lizenzierung. Angemessene Vergütung setzt Transparenz voraus. Die bisherige profitable Entwicklung generativer KI-Systeme beruht jedoch maßgeblich auf der illegitimen Nutzung urheberrechtlich geschützter Kulturgüter und personenbezogener Daten der Bürgerinnen und Bürger. Diese seit einer Dekade unlautere Geschäftspraxis hat bereits heute einen destruktiven Effekt auf die Kreativwirtschaft zur Folge, inklusive Beschäftigungsverlust und Investitionsschäden.

Wir glauben an die Demokratie, wir glauben an Werte wie den Schutz der Menschenwürde, die Wahrung von Menschen-, Urheber-, Datenschutz- und Persönlichkeitsrechten. Statt einzelnen Technologieunternehmen einen Wettbewerbsvorteil durch fortgesetzte Rechtsbrüche zu verschaffen und die von ihnen verantworteten Risiken für die Gesellschaft sanktionslos zu belassen, müssen wir Verantwortung zuweisen und verantwortlich handelnden KI-Unternehmen dabei helfen, im fairen Wettbewerb zu bestehen.

Die gerechte Gestaltung der Welt von morgen liegt in Ihren Händen.

(im Namen aller unterzeichnenden Verbände)
Katharina Uppenbrink, Geschäftsführerin der Initiative Urheberrecht

Eine PDF-Version des offenen Briefs befindet sich unter diesem Link.

Unterzeichner (in alphabetischer Reihenfolge)

 

Auswirkungen Künstlicher Intelligenz auf unabhängige Musikunternehmer*innen

Update vom 18. Dezember 2023:

Vor Kurzem konnten sich EU-Rat, Parlament und Kommission in den Trilog-Verhandlungen auf erste wichtige Grundsätze hinsichtlich der Regulierung von Künstlicher Intelligenz einigen. Dr. Birte Wiemann, Vorstandsvorsitzende des VUT, kommentierte den AI Act wie folgt:

"Mit der politischen Einigung zum AI Act in den Trilog-Verhandlungen wurde ein erster Schritt in Richtung KI-Regulierung getan. Ein gutes, wenn auch sehr kurzgreifendes Signal ist die Betonung des geltenden europäischen Urheberrechts sowie die Festschreibung von Transparenzregelungen. Detaillierte Nachweise über verwendete Trainingsdaten sind eine Grundlage für die Nutzungsvergütung urheberrechtlich geschützter Materialien zu diesem Zweck.

Vollständig wird der AI Act erst in zwei Jahren in Kraft treten, bis dahin herrscht der altbekannte zahnlose Tiger namens 'freiwillige Selbstverpflichtung'. Aus den digitalpolitischen Regelungsversuchen der letzten Jahrzehnte wissen wir: Eine Regelung ist nur so gut wie ihre faktische Durchsetzbarkeit und Durchsetzung. Deshalb müssen Konkretisierungen auf technischer Ebene folgen und das neue Amt für Künstliche Intelligenz braucht scharfe Zähne."


Stand: 13. September 2023

Wir gehen davon aus, dass die sogenannte generative Künstliche Intelligenz (KI) in Kürze in der Lage sein wird, künstlerische Ergebnisse von Komponist*innen, Interpret*innen und Produzent*innen in weiten Teilen zu ersetzen. Generative KI ist dann weit mehr als ein künstlerisches "Werkzeug". Ihre Entwicklung vollzieht sich in rasendem Tempo, sodass generative KI-Systeme erst im letzten Moment explizit Gegenstand politischer Regulierungsbemühungen in der Europäischen Union geworden sind. Derzeit wird zwischen den EU-Gremien über den Entwurf einer KI-Verordnung (AI-Act) verhandelt.

Insbesondere mit Blick auf die Folgen digitalpolitischer Errungenschaften und Versäumnisse der letzten Jahrzehnte sind wir der Meinung, dass die ausstehende Regulierung von KI gar nicht schnell, vorausschauend, robust und weitreichend genug sein kann. Andere oder gar ausbleibende Weichenstellungen hätten verheerende Auswirkungen. Sämtliche Reglungen müssen kohärent, gemeinwohlorientiert, wettbewerbs- und anpassungsfähig und vor allem durchsetzbar sein. Es gilt aus den Fehlern bisheriger digitalpolitischer Regulierungsversuche zu lernen. Keinesfalls dürfen etwa mit "Safe Harbor"-Bestimmungen falsche wirtschaftliche Anreize gesetzt werden.

Positionspapier vom 1. August 2023 "Auswirkungen Künstlicher Intelligenz auf unabhängige Musikunternehmer*innen"

Ergänzendes Forderungspapier vom 8. September 2023

Weiterführende Informationen:

 

Fair. Transparent. Streaming? – VUT-Forderungen zum Streaming der Zukunft

Ende Januar 2022. Neil Young lässt seinen kompletten Musikkatalog von Spotify entfernen, da Starpodcaster Joe Rogan in seiner Sendung Unwahrheiten über die Risiken der Corona-Impfung verbreitet. Was wie erwartet zu Diskussionen über Meinungsfreiheit und Regulierung durch die Plattformen führt, ruft aber im Kontext auch Künstler*innen wie India Arie auf den Plan, die ebenfalls ihre Musik von der Plattform entfernt – wenn auch aus anderen Gründen: "What I am talking about is RESPECT – who gets it and who doesn’t. paying musicians a Fraction of a penny? and HIM [Joe Rogan] $100m? This shows the type of company they are and the company that they keep. I’m tired."

Februar 2022. Deezer erhöht nach zehn Jahren seinen Abopreis von 9,99 Euro auf 10,99 Euro. Spotify ist kurz davor, einen 320 Millionen-Dollar-Sponsoren-Deal mit dem spanischen Traditionsfussballverein Barcelona zu unterschreiben, hat jedoch in der Vergangenheit immer betont, dass es wirtschaftlich unmöglich sei, Urheber*innen von Musik eine höhere Lizenzgebühr zu bezahlen.

März 2022. Neue Zahlen der RIAA (Recording Industry Association of America) für das Jahr 2021 werden veröffentlicht. Während der Umsatzanteil von Vinyl in den USA in 2021 um 61,02% gestiegen ist, stagniert der Umsatzanteil des Streamings auf 83% des Gesamtvolumens im Recorded-Bereich.

Flashback. Neunziger Jahre: Die Entwicklung des mp3-Formats sorgt für eine grundlegende wirtschaftliche und kulturelle Veränderung der Musikbranche. Piraterie-Plattformen erobern das Internet; Tauschbörsen wie Napster, LimeWire und The Pirate Bay animieren Millionen Nutzer*innen dazu, Musik kostenlos aus dem Internet herunterzuladen.

Für die Musikbranche war und ist kostenloser digitaler Musikaustausch eine nicht hinnehmbare Praxis, nichtsdestotrotz war damit allen Marktteilnehmer*innen klar, dass die Zukunft des Musikkonsums im Digitalen liegt. Leider hat die Musikbranche es verpasst, diesen Wendepunkt für sich zu nutzen und ihr Schicksal in die Hände von Technologieunternehmen gelegt, anstatt selbst die digitale Musikvermarktung in die Hand zu nehmen. Heute bestimmen Konzerne wie Spotify, Apple oder Amazon die Regeln des digitalen Musikgeschäftes.

In der 2021er "Studie zur Zukunft der Musiknutzung" in Deutschland geben 22% der Befragten an, keinen physischen Tonträger (mehr) zu besitzen; 32% nutzen einen kostenpflichtigen Streamingdienst. Auf dem zweiten Platz hinter Premium Audiostreaming liegt laut "Musikindustrie in Zahlen 2020" mit 24,5% der Nutzung bereits die werbebasierte Variante von YouTube. Im Gegensatz zu Streamingdiensten wie Spotify, Apple Music, Deezer und Co. zahlte YouTube als reiner Provider jedoch jahrelang keine Lizenzen (YouTube als kostenfreie, werbebasierte Anwendung im Gegensatz zu YouTube Music, das als DSP ebenso Lizenzen erwirbt wie Spotify, Amazon Music und Co.); Künstler*innen und Urheber*innen wurden dementsprechend nicht angemessen an den mit ihrer Musik erzielten Gewinnen beteiligt.  Der sogenannte "Value Gap" entstand, da YouTube als sogenannter "Hosting Provider" im Gegensatz zu "Content Providern", wie z.B. Spotify, keine Lizenzen zahlen musste.

Um zu illustrieren, wie klein der Gewinn von Künstler*innen durch Streaming ist, hat der VUT 2019 den "Streaming-Kalkulator" erstellt. Auf Basis anonymisierter Daten – durchschnittliche Vergütung pro Stream der verschiedenen Plattformen – zeigten wir, wie oft ein Song gestreamt werden muss, damit sich der*die Künstler*in davon z. B. eine Currywurst kaufen kann. So war es auch unser Plan für das Jahr 2020.
Doch je mehr Zahlen von den Unternehmen vorlagen, desto verwirrender wurde das Bild: Zwischen den Zahlen pro Plattform zeigten sich teils eklatante Differenzen in der Vergütung pro Stream; teils wurden am gleichen Tag auf der gleichen Plattform zwei oder drei verschiedene Beträge pro Stream für ein und denselben Track abgerechnet. Um Rat gefragte Streamingexpert*innen konnten lediglich vage andeuten, aus welchen Gründen (Währungsschwankungen, verschiedene sog. "Tiers" der unterschiedlichen Abonnementmodelle etc.) sich möglicherweise Differenzen ergeben.

Wie kann es sein, dass wir Streamingdienste als die Zukunft unserer Branche sehen, es zeitgleich jedoch unmöglich erscheint, eine Abrechnung stringent nachzuvollziehen?

Die Frage nach Transparenz ist direkt verknüpft mit der Frage nach Fairness. Derzeit rechnen die Streamingdienste die Rechteinhaber "pro rata" oder nach "Market Centric Payment System" ab: Der Gesamtpool der Einnahmen wird (verringert um die Gebühr der Plattform) aufgeteilt auf den Anteil, den die einzelnen Künstler*innen am globalen Streamingaufkommen der Plattform haben. Dementsprechend wird die Abogebühr eines*einer einzelnen Hörer*in nicht etwa auf die Künstler*innen verteilt, die tatsächlich angehört werden, sondern auf den jeweiligen Anteil der Künstler*innen im gesamten Streaming-Pool. Taylor Swift als meistgehörte Spotify-Künstlerin bekommt also auch einen Anteil der Abogebühren einer Person, die über ihr Spotify-Abo tagein, tagaus nur Crust Punk hört.

Im Koalitionsvertrag der Bundesregierung von 2021 heißt es: "[Wir] wollen die Vergütungssituation für kreative und journalistische Inhalte verbessern, auch in digitalen Märkten." Der VUT hat sich bereits im Februar 2020 für eine nutzungsbasierte Abrechnung von Streamingeinnahmen ausgesprochen. Im sog. "User Centric Payment-System" sollen die Streamingeinnahmen nur den Künstler*innen zugutekommen, die tatsächlich von den Nutzer*innen gehört werden. Eine aktuelle öffentliche Studie zum Themenkomplex der nutzungsbasierten Abrechnung im Streaming, die das französische Centre national de la musique im Januar 2021 vorstellte, kommt zu dem Schluss, dass die Entscheidung für User-Centric oder Pro-Rata mehr eine Frage der kommerziellen Strategie denn des eklatanten monetären Unterschiedes ist. Dieses eher uneindeutige Ergebnis lässt sich auf eine ebenso uneindeutige Grundlage zurückführen: Die Autor*innen der Studie weisen auf eine "nicht homogene" Datenlage hin. Während die Plattform Deezer die Daten des ganzen Jahres 2019 zur Auswertung bereitstellte, waren die von Spotify gelieferten Daten auf 100.000 zufällig ausgewählte User*innen nur in Frankreich und nur aus der ersten Hälfte des Jahres 2019 begrenzt.

Unvollständige Daten stehen ausgewogenen Studien im Weg, die uns dabei helfen könnten, zu einer belastbaren Einschätzung verschiedener Abrechnungsmodelle im Streaming zu kommen. Auch hier ist fehlende Transparenz ein Hindernis, das einer Evaluation zur potenziellen Implementierung alternativer (Zahlungs-)Modelle im Weg steht.

Mit unseren "VUT-Forderungen zum Streaming der Zukunft" wollen wir unsere Erkenntnisse in der Diskussion über eine gerechtere Verteilung der Einnahmen und Optimierung des Musik-Streamings – in Anlehnung an den Plan zur Reform des Streamings von Impala – vorstellen und konkrete Argumente aufzeigen, damit wir im Diskurs einen branchenweiten Konsens bilden und auf eine zielorientierte Optimierung des Streaming-Modells hinwirken können.

VUT-Forderungen zum Streaming der Zukunft

Unser Forderungen zielen auf eine transparentere und optimierte Streamingökonomie ab.

  1. Safe Harbours effektiv beenden – keine neuen Schlupflöcher – folglich die wortgetreue Umsetzung der EU-Urheberrechtsrichtlinie und keine nationalen Sonderwege
  2. Künstler*innen eine faire zeitgemäße digitale Lizenzgebühr bezahlen
  3. Keine Reduzierung der Lizenzgebühren im Austausch gegen verbesserte Plays oder privilegierte Behandlung durch Algorithmen oder anderen Funktionen, die Elemente von Payola neu herstellen
  4. Reform zur Verteilung der Streaming-Einnahmen: Die verschiedenen Dienste sollten die folgenden Aspekte zur Differenzierung der Vergütung umsetzen:
    • Einführung eines (noch genauer zu definierendem) nutzerbasierten Abrechnungsmodells
    • Diskriminierung längerer Songtitel abschaffen, indem beispielsweise eine Rate für eine gewisse Anzahl an Sekunden eines Songs festgelegt wird und weitere Zahlungen in Intervallen von weiteren Sekunden ausgelöst werden
    • Aktives Engagement-Modell: Künstler*innen ermutigen, das aktive Fan-Engagement zu fördern, indem sie Titel besser vergüten, welche die Hörer*innen nach Künstler*innennamen, Titel- oder Albumnamen gesucht oder erreicht haben oder z. B. wenn ein Album gespeichert, "gemocht" oder vorbestellt wurde
    • Abschaffung der 30-sekündigen "Skip and Save-Rate": Kein Schwellenwert für einen Song, um Einnahmen aus dem Streaming zu generieren
  5. Mehr Sorg- und Wachsamkeit der Musikdienste bei rechtswidrigen Aktivitäten, einschließlich Streaming-Manipulation, Werbeblocker- und Stream-Ripping-Software
  6. Die Suche nach Labels / Interpret*innen / Produzent*innen / Komponist*innen / Musiker*innen / Autor*innen / Verlagen ausbauen
  7. Lokales Repertoire und lokale Sprachen fördern: Playlisten und andere Funktionen besser auf die lokalen Märkte anpassen sowie Übersetzungen von Tracktiteln in verschiedenen Sprachen verfügbar machen (Beispiel: chinesische Schriftzeichen oder Hindi muss auch in Englisch übersetzt werden)
  8. Mit einem breiten Spektrum von Labels in allen Märkten zusammenarbeiten (z. B. über Merlin für Independent-Labels), um sicherzustellen, dass die Entwicklung von redaktionellen Algorithmen die Vielfalt, das lokale Repertoire und die Möglichkeiten zur Entdeckung von Künstler*innen nicht negativ beeinflussen
  9. Mit dem Recorded-Musiksektor zusammenarbeiten, um den CO2-Fußabdruck digitaler Musik zu bewerten und zu reduzieren

Weiterführende Informationen:

Was ändert sich bei meinen YouTube-Einnahmen? – Umsetzung der DSM-Richtlinie zum Urheberrecht in Deutschland

* Update vom 12. Mai 2022 *

Mit dem "Gesetz zur Anpassung des Urheberrechts an die Erfordernisse des digitalen Binnenmarktes" hat der deutsche Gesetzgeber 2021 die europäische DSM-Richtlinie zum Urheberrecht umgesetzt. Nicht nur für Verleger*innen (Stichwort Verlegerbeteiligung) ändert sich vieles, vor allem das "Urheberrechts-Diensteanbieter-Gesetz" (UrhDaG) wird in den kommenden Monaten und Jahren tiefgreifende Auswirkungen auf Verträge und Vergütungsströme von YouTube, TikTok & Co haben.

Im Rahmen von bislang sieben VUT-Sprechstunden stellte VUT-Justiziar Reinher Karl bereits die neuen Regelungen und ihre Auswirkungen auf eure Arbeit vor.  Bei unserer siebten Sprechstunde – im Rahmen des Reeperbahn Festivals – war Dr. Georg Nolte, Senior Legal Counsel bei Google, zu Gast und schilderte uns, welche Veränderungen Google/YouTube bereits ab 1. August 2021 vorgenommen hat. Die Aufzeichnung der Diskussionsrunde könnt ihr unter diesem Link ansehen.

Unter diesem Link findet ihr die Präsentation, die während der VUT-Sprechstunden zum neuen Urheberrecht gezeigt wurden.

Seht bei den Abrechnungen von YouTube, TikTok etc. ab 1. August 2021 genau hin! Durch die Einführung "mutmaßlich erlaubter Nutzungen" sowie des Direktvergütungsanspruches erwarten wir Veränderungen der bisherigen Zahlungsströme. Solltet ihr diese bemerken, teilt das uns das bitte mit (an wirth@vut.de oder karl@vut.de).

Hintergrund

Mit der DSM-Richtlinie ("Digital Single Market") wollte die Europäische Union Uploadplattformen wie YouTube, TikTok und Facebook in die Haftung für die von ihnen wiedergegebenen Inhalte nehmen, Rechteinhaber versprachen sich davon vor allem Verhandlungen auf Augenhöhe, eine bessere Vergütung der Nutzungen und damit das Ende des "Value Gaps". Die Bundesregierung legte am 3. Februar den "Entwurf eines Gesetzes zur Anpassung des Urheberrechts an die Erfordernisse des digitalen Binnenmarktes" vor, der im SPD-geführten Bundesministeriums der Justiz und für Verbraucherschutz (BMJV) erarbeitet wurde. Das darin enthaltene Urheberrechts-Diensteanbieter-Gesetz (UrhDaG) schafft einen deutschen Sonderweg, der Rechteinhaber in grundlegenden Aspekten nicht besserstellen und Lizenzverträge auf Augenhöhe weitgehend vermeiden will. Die größten Kritikpunkte aus Sicht unabhängiger Musikunternehmer*innen findet ihr unter diesem Link. In einem gemeinsamen Brief quer durch alle Genres und Bekanntheitsgrade zeigten sich über 1.300 Bands und Einzelkünstler*innen entsetzt über den Entwurf. Nichtsdestotrotz beschloss der Bundestag das Gesetz mit minimalsten Änderungen am 20. Mai. Die neuen Regelungen gelten ab 7. Juni 2021, das neue UrhDaG ab 1. August 2021.

Am 26. April 2022 entscheid der Europäische Gerichtshof im Fall der polnischen Klage gegen Artikel 17 und erläuterte, dass dieser angemessene Schutzmaßnahmen für die freie Meinungsäußerung und Informationsfreiheit beinhaltet und darüber hinaus diese Rechte mit dem Recht auf geistiges Eigentum ins Gleichgewicht bringt. Schlussendlich bedeutet dies, dass Artikel 17 der DSM-Richtlinie keiner Änderungen bedarf und ohne Sonderwege – wie in Deutschland – europaweit harmonisiert in die nationale Gesetzgebung übertragen werden kann.

Neuregelungen im Einzelnen

Das "Gesetz zur Anpassung des Urheberrechts an die Erfordernisse des digitalen Binnenmarktes" ist in fünf Artikel unterteilt.

Die nachfolgende Übersicht konzentriert sich auf die zentralen Neuregelungen und zeigt die vom VUT vermuteten praktischen Folgen für unabhängige Musikunternehmer*innen auf. Da es sich um zum Teil sehr komplexe und neuartige Regularien handelt, lassen sich viele praktischen Folgen noch nicht eindeutig beantworten, daher aktualisieren wir die Texte fortlaufend sobald neue Informationen vorliegen.

1. Regelungen des neuen Urheberrechts-Diensteanbieter-Gesetzes UrhDaG (ab 1. August 2021)

Im Kern geht es beim UrhDaG um einen Interessenausgleich zwischen: Uploader*innen/Konsument*innen auf Uploadplattformen, Inhaber*innen von Urheber- oder verwandten Schutzrechten sowie betroffenen Uploadplattformen.

Der Gesetzgeber hat die Umsetzung des umstrittenen Art. 17 der DSM-Richtlinie in einem eigenen Stammgesetz – dem Urheberrechts-Diensteanbieter-Gesetz UrhrDaG – in 22 Paragrafen geregelt. Das Gesetz trat am 1. August 2021 in Kraft.

Hier gibt es eine Zusammenstellung der wichtigsten Informationen zum UrhDaG sowie Handlungsempfehlungen für unabhängige Musikunternehmer*innen (für VUT-Mitglieder, bitte vorher einloggen!) (Stand: 16. August 2021)

Unter anderem diese Fragen werden beantwortet: Wen betrifft das UrhDaG? ▪ Hat sich die Haftung der Uploadplattformen verschärft? ▪ Sind Uploadplattformen verpflichtet, Nutzungsrechte zu erwerben? ▪ Unter welchen Umständen ist der Uploadplattform eine Wiedergabe der hochgeladenen Inhalte erlaubt? ▪ Was ist eine "gesetzliche Erlaubnis"? ▪ Was ist eine "mutmaßlich erlaubte Nutzung "? ▪ Was ist der Direktvergütungsanspruch und inwiefern verändert er die Vergütungsströme? ▪ Welche Konsequenzen hat der Direktvergütungsanspruch und welche Gestaltungsmöglichkeiten haben VUT-Mitglieder?

2. Änderungen im Urheberrechts- und Verwertungsgesellschaftengesetz etc. (ab 7. Juni 2021)

Mit der Umsetzung der DSM-Richtlinie gelten auch geänderte Regelungen im Urheberrechtgesetz sowie im Verwertungsgesellschaftengesetz. Hierunter zählen etwa Neuerungen zur Verlegerbeteiligung und Auskunftspflichten, eine use-it or loose-it-Klausel sowie die Einführung von kollektiven Lizenzen mit erweiterter Wirkung.

Hier gibt es eine Zusammenstellung der wichtigsten Informationen zu weiteren Gesetzesänderungen sowie Handlungsempfehlungen für unabhängige Musikunternehmer*innen (für VUT-Mitglieder, bitte vorher einloggen!) (Stand: 23. Juni 2021)

Unter anderem diese Fragen werden beantwortet: Sind ab jetzt Bearbeitungen mit meinem Werk erlaubt?  ▪ Können Künstler*innen ihre Verträge leichter kündigen, wenn Nutzungsrechte nicht ausgewertet werden?  ▪ Welche Folgen haben die Neuregelungen zur "angemessenen Vergütung"?  ▪ Welche Auskünfte müssen künftig an Urheber*innen erteilt werden?  ▪ Was muss ich bei kollektiven Lizenzen mit erweiterter Wirkung beachten?

 

Stellungnahme zum aktuellen Diskussionsstand des europäischen Digital Services Act (DSA)

Der am 15.12.2020 vorgestellte Entwurf des Digital Service Act (DSA) ist eines der zentralen Projekte der EU-Kommission. Diese überschreibt ihr Gesetzvorhaben mit "Gesetz über digitale Dienste: mehr Sicherheit und Verantwortung im Online-Umfeld" und weiter heißt es: "Erstmals eröffnet ein einheitliches Regelwerk zu Pflichten und Verantwortlichkeiten von Vermittlern binnenmarktweit neue Möglichkeiten, digitale Dienste länderübergreifend anzubieten". Der DSA enthält wesentliche materielle Regelungen für Anbieter von digitalen Diensten und wurde daher auch als ein Europäisches "Grundgesetz des Internet" interpretiert.

Nachdem im November 2021 der Europäische Rat und kurze Zeit später im Januar 2022 das Europäische Parlament ihre Standpunkte vorgelegt hatten, finden seit Februar 2022 die Trilog-Verhandlungen statt. Die Verhandlungen sollen auf Drängen Frankreichs spätestens im März 2022 abgeschlossen sein.

Der VUT ist der Meinung: Der von der französischen Ratspräsidentschaft vorgegebene Zeitplan bis zum Abschluss des Trilogs reicht nicht aus, um diese weichenstellenden Regelungen für die Zukunft des Internets ausreichend zu erörtern.

In der Vergangenheit dauerte der Prozess auf vergleichbaren Gebieten (AVMD-Richtlinienänderung, DSGVO, TCO-Verordnung, DSM-Richtlinie) jeweils 1-2 Jahre. Zudem ist der DSA eine möglicherweise vollharmonisierte (Vorschlag des Rates), horizontale und nicht sektorenspezifische Verordnung mit detaillierten Regelungen. Außerdem liegen teilweise stark abweichende Vorschläge von Rat, Kommission und Parlament vor. Das Thema hat in der medialen Debatte bisher kaum stattgefunden. Obendrein liegen Regelungsvorschläge auf dem Tisch, die das Ziel "mehr Sicherheit und Verantwortung im Online-Umfeld" nicht nur verfehlen, sondern den bisherigen Schutz des Status Quo zum Teil sogar verschlechtern.

Unter dem untenstehenden Link listen wir die aus Sicht des VUT dringendsten Veränderungen an den Entwürfen zum DSA in den folgenden Bereichen auf:

1 Illegale Inhalte
1.1 Kein neues Haftungsprivileg für Suchmaschinen – Artikel 4
1.2 Entfernung Illegaler Inhalte nicht erschweren – Artikel 8.2a(ii), Artikel 14.2b, Artikel 14.3a
1.3 Wiederholungstäter zur Verantwortung ziehen – Artikel 20.1
1.4 Keine Verschlechterung der Rechtsdurchsetzung – Artikel 7
1.5 Unmittelbare Verantwortlichkeit der Vermittlungsdienste erhalten
1.6 Expertise der Rechteinhaber als "Trusted Flagger" nutzen – Artikel 19.2b
1.7 Kein Verbot des automatisierten Monitorings ("Good-Samaritan-Clause") Artikel 6
2 "Know your Business Customer"-Regel sinnvoll ausweiten

Stellungnahme des VUT zum Digital Services Act

 

Was ist vom Koalitionsvertrag zu erwarten? – Erster Blick in den Vertrag der kommenden Ampelregierung und in die Kabinettsbesetzung

Die drei Parteien der Ampelkoalition veröffentlichten am 24. November 2021 ihren 177-seitigen Koalitionsvertrag "Mehr Fortschritt wagen – Bündnis für Freiheit, Gerechtigkeit und Nachhaltigkeit. Koalitionsvertrag 2021–2025 zwischen SPD, BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN und FDP". Inzwischen steht auch die Besetzung des neuen Bundeskabinetts fest. Die Koalition Kultur- und Kreativwirtschaft in Deutschland (k3d), in der der VUT Gründungsmitglied ist, hat sich in einer Pressemeldung zum Koalitionsvertrag geäußert.

Im Vorfeld der Wahl hatte der VUT eine Analyse der Wahlprogramme sowie Wahlprüfsteine veröffentlicht. Im Folgenden findet ihr analog dazu einen ersten Blick in den Koalitionsvertrag und was unabhängige Musikunternehmer*innen voraussichtlich von der neuen Regierung erwarten können, zu den Themen: Nachhaltige, digitale & diverse Wirtschaftspolitik, Regelungen für kleine und mittelständische Unternehmen, Umgang mit der Corona-Krise, Kultur, Kreativwirtschaft, Urheberrecht, Digital Services Act & Digital Markets Act sowie zur bisher bekannten Besetzung des Kabinetts.

Nachhaltige, digitale & diverse Wirtschaftspolitik

•   "Die Klimaschutzziele von Paris zu erreichen, hat für uns oberste Priorität. Klimaschutz sichert Freiheit, Gerechtigkeit und nachhaltigen Wohlstand. Es gilt, die soziale Marktwirtschaft als eine sozial-ökologische Marktwirtschaft neu zu begründen. […] In die Modernisierung des Landes muss umfassend investiert werden – privat wie öffentlich. Die öffentlichen Investitionen insbesondere in Klimaschutz, Digitalisierung, Bildung und Forschung werden wir im Rahmen der bestehenden Schuldenregel des Grundgesetzes gewährleisten, Anreize für private Investitionen setzen und Raum für unternehmerisches Wagnis schaffen, um so Wachstum zu generieren." S. 5 / "Wir stellen die Weichen auf eine sozial-ökologische Marktwirtschaft und leiten ein Jahrzehnt der Zukunftsinvestitionen ein. […] Wir denken ökonomische Entwicklung und ökologische Verantwortung zusammen. Es gilt, zu erhalten, was uns erhält und unsere Ressourcen zu schützen. Der Schutz von Umwelt und Natur ist daher essenzieller Bestandteil unseres politischen Handelns". S. 24

•   "Wir haben Lust auf Neues und werden technologische, digitale, soziale und nachhaltige Innovationskraft befördern." S. 8 / "Wir fördern digitale Innovationen sowie unternehmerische und gesellschaftliche Initiative und setzen auf offene Standards und Diversität." S. 15

•   "Leistung muss anerkannt und Arbeit gerecht bezahlt werden. Darum werden wir den Mindestlohn auf 12 Euro anheben und uns für Entgeltgleichheit von Frauen und Männern einsetzen." S. 6

•   "Selbständige sind wesentlicher Teil unserer Gesellschaft und Wirtschaft. Nach der aktuellen Reform des Statusfeststellungverfahrens führen wir im Lichte der Erfahrungen einen Dialog mit Selbständigen und ihren Verbänden, um dieses zu beschleunigen und zu verbessern. […] Durch einen erleichterten Zugang zur freiwilligen Arbeitslosenversicherung unterstützen wir auch Selbstständige sowie Gründerinnen und Gründer. Wir prüfen dabei, ob und wie ein Zugang ohne Vorversicherungszeit möglich ist. Wer als Geschäftsführerin oder Geschäftsführer in einer GmbH (etc.) tätig war und dafür Beiträge entrichtet hat, sollte Anspruch auf Arbeitslosengeld haben. Die Sonderregelung für unständig Beschäftigte in der Arbeitslosenversicherung, insbesondere für Kulturschaffende, entfristen wir und prüfen Vereinfachung und Weiterentwicklung." S. 69

•    "Wir entlasten Selbstständige dadurch, dass Beiträge zur gesetzlichen Krankenversicherung oberhalb der Minijobgrenze nur noch strikt einkommensbezogen erhoben werden. Wir werden für alle neuen Selbstständigen, die keinem obligatorischen Alterssicherungssystem unterliegen, eine Pflicht zur Altersvorsorge mit Wahlfreiheit einführen. Selbstständige sind in der gesetzlichen Rentenversicherung versichert, sofern sie nicht im Rahmen eines einfachen und unbürokratischen Opt-Outs ein privates Vorsorgeprodukt wählen. Dieses muss insolvenz- und pfändungssicher sein und zu einer Absicherung oberhalb des Grundsicherungsniveaus führen. Bei jeder Gründung gilt jeweils eine Karenzzeit von zwei Jahren." S. 75

•    "Wir wollen die Qualität der Gesetzgebung verbessern. Dazu werden wir neue Vorhaben frühzeitig und ressortübergreifend, auch in neuen Formaten, diskutieren. Wir werden dabei die Praxis und betroffene Kreise aus der Gesellschaft und Vertreterinnen und Vertreter des Parlaments besser einbinden". S. 9

•    "Der stationäre Handel in Deutschland braucht attraktive Rahmenbedingungen, um im Strukturwandel gegenüber dem reinen Online-Handel bestehen und von der Digitalisierung profitieren zu können. Wir bemühen uns weiter um fairen Wettbewerb zwischen Geschäftsmodellen digitaler Großunternehmen und den lokal verwurzelten Unternehmen. Wir wollen die digital gestützte Wertschöpfung in Industrie, Handel, Handwerk und Dienstleistung unterstützen und dafür ein Level Playing Field herstellen. Wir nutzen das Förderprogramm "Zukunftsfähige Innenstädte und Zentren" und führen die Innenstadtstrategie des Bundes fort, insbesondere das Programm „Lebendige Zentren" im Rahmen der Bund-Länder-Städtebauförderung. Sie sollen für eine Verbesserung der Aufenthalts- und Erlebnisqualität in den Innenstädten genutzt werden." S. 29

•    "Im Rahmen des Gesamtdeutschen Fördersystems werden wir die Mittel für die Gemeinschaftsaufgabe Regionale Wirtschaftsentwicklung für Innovationsförderung, Digitalisierung, betriebliche Produktivitätsziele, Nachhaltigkeit und Dekarbonisierung aufstocken. Dabei soll die bestehende 50- km-Regelung überprüft und gegebenenfalls abgeschafft werden. Ziel ist es, damit für zusätzliche regionale Wachstumsimpulse zu sorgen. Wir werden die Erfahrungen mit diesem Instrument nutzen, um das gesamte Fördersystem des Bundes in Zukunft noch stärker auf die Herstellung gleichwertiger Lebensverhältnisse und die Transformation der Wirtschaftsstruktur auszurichten. Alle Ressorts werden ihre Förderrichtlinien überprüfen. Alle Ressorts werden die regionale Verteilung ihrer Förderprogramme offenlegen und dazu einheitliche Datenstandards etablieren." S. 36

•    "Wir haben das Ziel der Senkung des primären Rohstoffverbrauchs und geschlossener Stoffkreisläufe. Hierzu passen wir den bestehenden rechtlichen Rahmen an, definieren klare Ziele und überprüfen abfallrechtliche Vorgaben. In einer 'Nationalen Kreislaufwirtschaftsstrategie' bündeln wir bestehende rohstoffpolitische Strategien. Auf dieser Grundlage setzen wir uns in der EU für einheitliche Standards ein. Anforderungen an Produkte müssen europaweit im Dialog mit den Herstellern ambitioniert und einheitlich festgelegt werden. Produkte müssen langlebig, wiederverwendbar, recycelbar und möglichst reparierbar sein. Wir stärken die erweiterte Herstellerverantwortung auf europäischer Ebene." S. 42

•    "Bei den Mini- und Midi-Jobs werden wir Verbesserungen vornehmen: Hürden, die eine Aufnahme versicherungspflichtiger Beschäftigung erschweren, wollen wir abbauen. Wir erhöhen die Midi-Job- Grenze auf 1.600 Euro. Künftig orientiert sich die Minijob-Grenze an einer Wochenarbeitszeit von 10 Stunden zu Mindestlohnbedingungen. […] Die Einhaltung des geltenden Arbeitsrechts bei Mini-Jobs werden wir stärker kontrollieren." S. 70

•    "Die Krisenregelungen beim Kurzarbeitergeld werden wir nach der Corona-Pandemie evaluieren, insbesondere mit Blick auf Menschen mit geringem Einkommen." S. 71

•    "Wir verpflichten in dieser Wahlperiode private Anbieter von Gütern und Dienstleistungen, innerhalb einer angemessenen Übergangsfrist zum Abbau von Barrieren oder, sofern dies nicht möglich oder zumutbar ist, zum Ergreifen angemessener Vorkehrungen. Wir legen entsprechende Förderprogramme auf und bauen die Beratungsarbeit der Bundesfachstelle Barrierefreiheit aus." S. 78

•    "Die Gleichstellung von Frauen und Männern muss in diesem Jahrzehnt erreicht werden. Wir werden die ressortübergreifende Gleichstellungsstrategie des Bundes weiterentwickeln, u. a. mit einem Gleichstellungs-Check künftiger Gesetze und Maßnahmen. Wir werden den Gender Data Gap schließen, z. B. im medizinischen Bereich." S. 114 / "Um Queerfeindlichkeit entgegenzuwirken, erarbeiten wir einen ressortübergreifenden Nationalen Aktionsplan für Akzeptanz und Schutz sexueller und geschlechtlicher Vielfalt und setzen ihn finanziell unterlegt um." S. 119

•    "Wir werden uns weiter aktiv für die Einführung der globalen Mindestbesteuerung einsetzen. Aus Deutschland abfließende Einkommen sollen angemessen besteuert werden. Sowohl eine Nicht- als auch eine Doppelbesteuerung ist zu vermeiden. Dazu werden wir die Quellenbesteuerung, insbesondere durch eine Anpassung der Doppelbesteuerungsabkommen, ausweiten, und die Zinsschranke durch eine Zinshöhenschranke ergänzen, um ungewünschte Steuergestaltung zu vermeiden." S. 167

Regelungen für kleine und mittelständische Unternehmen

•    "Wir stärken KMU bei der Digitalisierung durch unkomplizierte Förderung und bauen die Unterstützung für IT-Sicherheit, DSGVO-konforme Datenverarbeitung und den Einsatz digitaler Technologien aus." S. 19

•    "Unsere Wirtschaftspolitik setzt auf zukunftsorientierte Rahmenbedingungen für einen wettbewerbsfähigen Mittelstand, für ein starkes Handwerk und für Freie Berufe. […] Förderprogramme und Investitionszuschüsse sollen vor allem für kleine und mittlere Unternehmen und Selbstständige deutlich einfacher zu beantragen und zu dokumentieren sein. Dafür werden wir sie digitalisieren, evaluieren und bedarfsgerecht ausgestalten." S. 28

•    "Wir stärken die Start-up- und Gründerförderung. Wir werden Gründungen aus allen Lebenslagen und eine Kultur der zweiten Chance unterstützen und dafür ein neues Förderinstrument schaffen, das auch für Unternehmensnachfolgen offensteht. Wir verabschieden eine umfassende Start-up-Strategie. Hürden für Frauen und Menschen mit Migrationshintergrund beim Zugang zu Finanzierungen und Förderungen bauen wir ab; besseren Zugang zu Wagniskapital für Gründerinnen stellen wir sicher. […] Wir schaffen neues Zutrauen in Gründergeist, Innovation und Unternehmertum. Dazu stärken und entbürokratisieren wir die Innovationsförderung und -finanzierung." S. 30

•    "Wir verbessern die Rahmenbedingungen für fairen Wettbewerb. Diese müssen auch den Erfordernissen des Mittelstands Rechnung tragen und die Aspekte Innovation, Nachhaltigkeit, Verbraucherschutz und soziale Gerechtigkeit integrieren. Wir werden das Gesetz gegen Wettbewerbsbeschränkungen (GWB) evaluieren und weiterentwickeln." S. 31

Umgang mit der Corona-Krise

•    "Auch im Jahr 2022 werden fortwirkende Pandemiefolgen zu bewältigen sein, die weiterhin eine außergewöhnliche Notsituation im Sinne der Schuldenregel begründen. Die zusätzlichen Möglichkeiten werden wir insbesondere für die Überwindung der Coronakrise und Maßnahmen für eine schnelle wirtschaftliche Erholung nutzen. Ab 2023 werden wir dann die Verschuldung auf den verfassungsrechtlich von der Schuldenbremse vorgegebenen Spielraum beschränken und die Vorgaben der Schuldenbremse einhalten. Zugleich werden in nie dagewesenem Umfang zusätzliche Mittel eingesetzt werden müssen, um die zur Erreichung des 1,5-Grad-Klimazieles und zur Transformation der Wirtschaft erforderlichen Maßnahmen zu finanzieren und die wirtschaftliche Erholung mit dem Abklingen der Corona-Pandemie abzusichern." S. 158f. / "Darüber hinaus ist es erforderlich, dass für die gesamte Legislaturperiode alle Ausgaben auf den Prüfstand gestellt werden und eine strikte Neupriorisierung am Maßstab der Zielsetzungen in diesem Koalitionsvertrag erfolgt." S. 161

•    "Wir werden das Krisenmanagement der Bundesregierung zu Bekämpfung der Corona-Pandemie neu ordnen. Hierzu setzen wir unverzüglich einen gemeinsamen Krisenstab der Bundesregierung ein, um die gesamtstaatliche Bekämpfung der Corona-Pandemie besser zu koordinieren." S. 175

•    "Nach der Corona-Pandemie braucht Deutschlands Wirtschaft einen neuen Aufbruch. Dafür muss die öffentliche Hand Impulse setzen und faire Rahmenbedingungen national und im europäischen Binnenmarkt schaffen. Wir wollen mehr Innovation, mehr Wettbewerbsfähigkeit, mehr Effizienz, gute Arbeit und klimaneutralen Wohlstand." S. 25

•    "Die Neustart-Programme führen wir zunächst fort, um den Übergang nach der Pandemie abzusichern." S. 122

•    "Zur Unterstützung von Soloselbständigen in der andauernden Corona-Pandemie führen wir die Neustarthilfe im Rahmen der Überbrückungshilfe III Plus so lange wie benötigt fort. Um auch bei zukünftigen schweren Krisen, die zu nicht selbst verantworteten Erwerbsausfällen führen, Selbstständige auch bei der Finanzierung ihrer Lebensunterhaltskosten schneller und besser helfen zu können, treffen wir Vorsorge für steuerfinanzierte Wirtschaftshilfen. Dabei werten wir die Erfahrungen mit der Neustarthilfe aus. Wir schaffen kein neues Regelsystem. Während der Corona-Pandemie hat sich die besondere Bedeutung der Künstlersozialkasse für die soziale Absicherung von Kreativen und Kulturschaffenden bewährt. Diese wollen wir auch künftig sicherstellen." S. 69

Kultur

•    "Eine starke Demokratie lebt von den Menschen, die sie tragen. Sie braucht eine vielfältige Kultur und freie Medien." S. 7

•    "Wir wollen Kultur mit allen ermöglichen, indem wir ihre Vielfalt und Freiheit sichern, unabhängig von Organisations- oder Ausdrucksform, von Klassik bis Comic, von Plattdeutsch bis Plattenladen. Wir sind überzeugt: Kulturelle und künstlerische Impulse können den Aufbruch unserer Gesellschaft befördern, sie inspirieren und schaffen öffentliche Debattenräume. Wir setzen uns für eine starke Kulturszene und Kreativwirtschaft ein. Wir stehen für eine diskriminierungsfreie Kultur- und Medienpolitik. Wir wollen Kultur in ihrer Vielfalt als Staatsziel verankern und treten für Barrierefreiheit, Diversität, Geschlechtergerechtigkeit und Nachhaltigkeit ein." S. 121

•    "Wir richten eine zentrale Anlaufstelle 'Green Culture' ein, die Kompetenzen, Wissen, Datenerfassung, Beratung und Ressourcen für die ökologische Transformation anbietet. Wir schaffen ein Kompetenzzentrum für digitale Kultur, das Kulturakteurinnen und Akteure berät, vernetzt und qualifiziert. Wir fördern den Aufbau eines Datenraums Kultur, der sparten- und länderübergreifend Zugang zu Kultur ermöglicht. In einem 'Plenum der Kultur' werden wir mit Kommunen, Ländern, Kulturproduzentinnen und -produzenten, Verbänden und Zivilgesellschaft Kooperation verbessern und Potenziale von Standards beraten. Kommunen müssen finanziell dauerhaft Kunst und Kultur aus eigener Kraft fördern können." S. 122

•    "Die internationale Kulturpolitik ist die Dritte Säule unserer Außenpolitik, sie verbindet Gesellschaften, Kulturen und Menschen und ist unser Angebot für eine Werte- und Verantwortungsgemeinschaft in Europa und weltweit. Wir werden sie weiter stärken, flexibilisieren, über Ressortgrenzen koordinieren und auf europäischer Ebene eng abstimmen. Wir werden umfassende Nachhaltigkeits-, Klima-, Diversitäts- und Digitalstrategien verabschieden." S. 126

Kreativwirtschaft

•    "Kunst und Kultur und ihre Vielfalt zu fördern und die soziale Lage von Künstlerinnen und Künstlern zu verbessern ist in diese [sic!] Zeiten ein Beitrag zur Sicherung unserer Demokratie. Wir setzen uns daher für eine starke Kulturszene und Kreativwirtschaft ein, die fortbestehen und wieder erblühen kann." S. 103

•    "Wir verankern eine Ansprechpartnerin bzw. einen Ansprechpartner für die Kultur- und Kreativwirtschaft bei der Bundesregierung [!], vereinfachen und verbessern Förderung auch für kreative, nicht-technische Innovationen." S. 123

•    "Wir machen den Gender-Pay-Gap transparent, wollen ihn schließen, streben paritätisch und divers besetzte Jurys und Gremien sowie Amtszeitbegrenzungen an. Wir wollen statistische Berichterstattung zur sozialen Lage von Künstlerinnen und Künstlern. Zur besseren sozialen Sicherung freischaffender Künstlerinnen, Künstler und Kreativer werden wir Mindesthonorierungen in Förderrichtlinien des Bundes aufnehmen. Wir werden soloselbstständige und hybrid beschäftigte Kreative besser absichern und Bürokratie abbauen, die KSK finanziell stabilisieren und die erhöhte Zuverdienstgrenze aus selbstständiger nicht-künstlerischer Tätigkeit erhalten." S. 122

•    "Wir erkennen für Clubs und Livemusikspielstätten ihren kulturellen Bezug an. Für beides werden wir die Baunutzungsverordnung und TA Lärm anpassen." S. 93 / "Clubs und Livemusikstätten sind Kulturorte. Wir sichern kulturelle Nutzungen in hochverdichteten Räumen und unterstützen Investitionen in Schallschutz und Nachhaltigkeit. Wir wollen die Musikspielstättenförderung weiterentwickeln und freie Kulturorte wie Galerien unterstützen." S. 122f.

•    "Fortan bauen wir die Kulturstiftung des Bundes und den Bundeskulturfonds als Innovationstreiber aus und stärken Strukturen der Freien Szene und des Bündnisses der internationalen Produktionshäuser." S. 122

Kreativwirtschaft im Kapitel "Wirtschaft" nicht explizit erwähnt; keine Kreativwirtschaftsstrategie

Urheberrecht, Digital Services Act & Digital Markets Act

•    "Beim Digital Services Act setzen wir uns für die Wahrung der Kommunikationsfreiheiten, starke Nutzerrechte, klare Meldeverfahren, den Zugang zu Daten sehr großer Plattformen für Forschungszwecke, die Überprüfbarkeit ihrer algorithmischen Systeme sowie klare Regelungen gegen Desinformationen ein. Auf Grundlage der europäischen Vorgaben werden wir den Rechtsrahmen (u. a. Telemediengesetz, TMG und Netzwerkdurchsetzungsgesetz, NetzDG) grundlegend überarbeiten. Den Aufbau von Plattformräten werden wir voranbringen. Allgemeine Überwachungspflichten, Maßnahmen zum Scannen privater Kommunikation und eine Identifizierungspflicht lehnen wir ab. Anonyme und pseudonyme Online-Nutzung werden wir wahren. Mit einem Gesetz gegen digitale Gewalt werden wir rechtliche Hürden für Betroffene, wie Lücken bei Auskunftsrechten, abbauen und umfassende Beratungsangebote aufsetzen. Wir schaffen die rechtlichen Rahmenbedingungen für elektronische Verfahren zur Anzeigenerstattung und für private Verfahren und ermöglichen richterlich angeordnete Accountsperren. Wir werden die Einrichtung einer Bundeszentrale für digitale Bildung prüfen." S. 17f.

•    "Wir unterstützen ein Level Playing Field im Wettbewerb und setzen uns für ambitionierte Regelungen des Digital Markets Act (DMA) ein, die nicht hinter bestehende nationale Regeln zurückfallen dürfen. Dazu gehören auch europäisch einheitliche Interoperabilitätsverpflichtungen und Regelungen zur Fusionskontrolle. Das Bundeskartellamt stärken wir im Umgang mit Plattformen." S. 19 / "Auf EU-Ebene setzen wir uns außerdem für eine Verabschiedung eines ambitionierten Digital Markets Act (DMA) sowie seine Durchsetzung durch die Wettbewerbsbehörden der Mitgliedstaaten ein. Auf europäischer Ebene werden wir uns für eine Anpassung der Fusionskontrolle zur Unterbindung innovationshemmender strategischer Aufkäufe potenzieller Wettbewerber (sogenannte killer-acquisitions) einsetzen.“ S. 31 / „Auf europäischer Ebene setzen wir uns dafür ein, dass Digital Service Act (DSA) und Digital Markets Act (DMA) sowie Media Freedom Act auch Pluralismus und Vielfalt abbilden sowie eine staatsferne Medienaufsicht und Regulierung gewährleisten. Wir werden die Machbarkeit einer technologieoffenen, barrierefreien und europaweiten Medienplattform prüfen." S. 125

•    "Die Herausforderungen der digitalen Transformation der Medienlandschaft wollen wir durch faire Regulierung der Plattformen und Intermediäre begleiten, um kommunikative Chancengleichheit sicherzustellen." S. 124

•    "Zum Schutz der Informations- und Meinungsfreiheit lehnen wir verpflichtende Uploadfilter ab." S. 110

•    "Rechtliche Rahmenbedingungen: Beim Urheberrecht setzen wir uns für fairen Interessenausgleich ein und wollen die Vergütungssituation für kreative und journalistische Inhalte verbessern, auch in digitalen Märkten. Wir wollen Informations- und Meinungsfreiheit auch bei automatisierten Entscheidungsmechanismen sicherstellen. Die gerade in Kraft getretene Reform werden wir u. a. in Hinblick auf Praxistauglichkeit evaluieren. Wir wollen faire Rahmenbedingungen beim E-Lending in Bibliotheken." S. 123

•    "Das ungenutzte Potential, das in zahlreichen Forschungsdaten liegt, wollen wir effektiver für innovative Ideen nutzen. Den Zugang zu Forschungsdaten für öffentliche und private Forschung wollen wir mit einem Forschungsdatengesetz umfassend verbessern sowie vereinfachen und führen Forschungsklauseln ein. Open Access wollen wir als gemeinsamen Standard etablieren. Wir setzen uns für ein wissenschaftsfreundlicheres Urheberrecht ein." S. 21

Kabinett der Ampel-Koalition

SPD

Bündnis 90 / Die Grünen

FDP